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07.01.2020 Kategorie: Gemeindeleben

"Ich glaube; hilf meinem Unglauben!

Jahreslosung 2020

Die Jahreslosung für 2020 stammt aus einer Wundergeschichte (Markus 9,24), die eigentlich ein Lehrstück über den Glauben ist. "Ich glaube; hilf meinem Unglauben!", schreit der Vater eines kranken Kindes Jesus ins Gesicht. Glaube gegen Unglaube: Klingt wie ein Widerspruch, gehört aber zusammen.

Erfahrungen an der Grenze zwischen Leben und Tod lassen Menschen zweifeln. Ist da ein Gott, der helfen kann? An einer solchen Grenzerfahrung setzt die Geschichte an, aus der die Jahreslosung für 2020 stammt: Ein Vater bangt um seinen kleinen Sohn, der an Epilepsie leidet, so erzählt es der Evangelist Markus. Schon immer ist das so, seit der Geburt des Jungen. Was für ein Schrecken jedes Mal, wenn er sich auf dem Boden wälzt, mit Schaum vor dem Mund, oft in der Nähe von offenem Feuer oder tiefem Gewässer. Wie hilflos er sich fühlt als Vater: Das eigene Kind dem Tod preisgegeben, und er steht voller Angst daneben.

Der Vater bittet Jesu Jünger um Hilfe, doch die können nichts tun. Und dann, gerade während sein Kind einen epileptischen Anfall erleidet, steht der Mann dann vor Jesus. Die Spannung zwischen Angst und Hoffnung ist zum Greifen, und so fleht er ihn an: "Wenn du aber etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns!" Doch Jesus, anstatt augenblicklich dem Jungen beizuspringen, fängt eine Diskussion über Glauben an und provoziert damit den armen Mann noch mehr: "Du sagst: Wenn du kannst! Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt." Der Vater kann nur noch herausschreien, was ihn im Innersten zerreißt: "Ich glaube; hilf meinem Unglauben!" (Mk 9,24)

Schließlich heilt Jesus den Jungen. Doch die Heilung wird beinahe zum Nebenaspekt, denn die Erzählung ist mehr als eine klassische Wundergeschichte. Es geht vor allem um den Begriff "glauben". Das griechische Verb "pisteuo" kann auch mit "vertrauen" oder "Zutrauen haben" übersetzt werden. Als Gegenbegriff verwendet Markus das Nomen "apistia" – "Unglaube" oder auch "Untreue". Die Lutherbibel, die Einheitsübersetzung sowie die Zürcher Bibel übersetzen den zentralen Satz der Geschichte mit "Ich glaube; hilf meinem Unglauben!" Eine sehr wörtliche Übersetzung ist das, genauer geht es kaum. Die "Hoffnung für Alle" interpretiert so: "Ich vertraue dir ja – hilf mir doch, meinen Unglauben zu überwinden!", und die "Gute Nachricht Bibel" geht so weit, das Wort "Unglaube" zu streichen: "Ich vertraue ihm ja – und kann es doch nicht! Hilf mir vertrauen!"

Anne Kampf ist Journalistin und evangelische Theologin. Von November 2010 bis Januar 2017 war sie Redakteurin bei evangelisch.de. Seit August 2019 ist sie Pfarrerin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) in der Bethaniengemeinde Frankfurt.

Foto: Margit Berger, Fotostudio Fuhrmann Siegen

Beitrag von Anne Kampf