Martin-Luther-Gemeinde Büddenstedt
Kirche von Alt Büddenstedt - Die Glocken der Kirche
Die im Süden Alt-Büddenstedts gelegene Dorfkirche wurde um 1115 erbaut und durch Bischof Reinhard von Halberstadt geweiht. Der ursprüngliche Bau wurde im Laufe der Jahrhunderte vergrößert und verändert. Im Jahre 1905 erhielt das Äußere der Kirche durch den Auftrag von Besenputz, auf das Bruchsteinmauerwerk, ein neues Aussehen. Am Karfreitag 1943 wurde die Kirche im Zuge des Abbaues des Dorfes gesprengt und im Dezember 1947 verließen die letzten Bewohner des Dorfes ihr Heim, als schon die Bagger drohend vor ihren Fenstern standen. Nur kurze Zeit dauerte es noch, dann war auch der letzte Rest des alten Dorfes Büddenstedt von der Bildfläche verschwunden, der Kohleabbau hatte das Dorf verdrängt.
Pfarrer Haferburg scheibt:>>In allen Kirchengemeinden musste in der nationalsozialistischen Zeit ein Teil der Kirchenglocken abgeliefert werden. Das Bronzematerial sollte eingeschmolzen werden für die Rüstungsproduktion. Die ganz besonders wertvollen Glocken wollten den Kirchengemeinden verbleiben. Die Kirche in Alt-Büddenstedt hatte zwei Glocken, eine große und eine kleine Glocke, die ganz besonders wertvoll ist. Sie ist etwa 800 Jahre alt. Es ist die älteste Glocke im ganzen Land Braunschweig. Eine sogenannte frühgotische Glocke, die wahrscheinlich nicht bei einem Glockengießer, sondern in einem Kloster gegossen ist. Sie hat einen ganz eigentümlichen Tonaufbau. Dazu kam eine große Glocke,- etwas 7 Zentner schwer - die etwa 250 Jahre alt war. Die große Glocke, die auch im Ersten Weltkrieg abgegeben, aber nicht eingeschmolzen wurde, war für die Ablieferung vorgesehen.
Der damalige Bürgermeister (der bereits bei dem Verkauf des Alt-Büddenstedter kirchlichen Grundbesitzes, sowie bei der Sprengung der Kirche ausgerechnet am Karfreitag eine unrühmliche Rolle gespielt hatte) meinte, dass Büddenstedt nie wieder Glocken benötigen werde. Er hat dann auch die kleine Glocke, die etwas zweieinhalb Zentner wiegt, also für die Rüstung wirklich keinen großen Wert besaß, für die Ablieferung bereitstellen lassen. Als sie aber abgeholt werden sollte, war sie spurlos verschwunden. Alle polizeilichen Nachforschungen nach ihrem Verbleib blieben erfolglos. Die Glocke blieb spurlos verschwunden bis zum Ende des Krieges 1945.
Wilhelm Kuhlmann rettete die alte wertvolle Glocke vor dem Zugriff der Nationalsozialisten.<< (Einen ausführlichen Bericht von Wilhelm Kuhlmann, über die Rettung, finden wir in unserem Reinsdorfer Heimatmuseum, das sonntags um 10 Uhr geöffnet ist und interessante Einblicke in die Geschichte unserer Dörfer vermittelt. Allerdings schreibt er, dass die Glocke schon eher wieder ihren Dienst tat): >> Am 24.10.1944, also noch im Kriege, habe ich mir einigen Russen (Kriegsgefangenen) die Glocke aufgebaut, denn am folgenden Tage hatte Helmut Poley Hochzeit. Als sie zur Kirche gingen, habe ich die Glocke geläutet. Karfreitag 1943 war die Kirche gesprengt worden. Daher fanden der Gottesdienst und sonstige kirchliche Handlungen in der Gaststube im Mahlfeldschen Grundstück statt. Das Glockengeläut überraschte alle Einwohner. Bürgermeister Ache befand sich im Hochzeitszug und drohte mir mit winkender Hand. Ich war auch zum Abendessen geladen. Da ging es natürlich über die Glocke her. Bürgermeister Ache, Polizeimeister Grünhage und Karl Schmidt fielen mit Worten über mich her und äußerten erneut Verdacht. Aber Karl Schmidt äußerte, wir wollten doch nun essen, die Glocke sei ja wieder da und einer würde wohl wissen, wo sie war. Dann musste Ludwig Tenge wieder jeden Sonntag läuten. Es wurde aber von keiner amtlichen Stelle etwas gegen mich unternommen. Im Kriege hatte schließlich jeder Hunger, und meine Frau hat geholfen, wo sie nur konnte<< Soweit Wilhelm Kuhlmann
Pfarrer Haferburg fährt weiter fort: >> Er hat damals viel riskiert und die Kirchengemeinde wird es ihm danken, dass uns durch seine Initiative diese wertvolle Glocke erhalten blieb und noch jetzt regelmäßig zum Gottesdienst geläutet wird. Ursprünglich soll sie einmal vor vielen Jahrhunderten der Kirche in Hohnsleben gehört haben, die auch schon vor langer Zeit zerstört worden ist. (Die Hohnsleber Kirche ist urkundlich im 13. Jahrhundert nachweisbar und muss bereits Ende des 14. Jahrhunderts eingegangen sein).
Sehr bald konnte diese Glocke von Alt-Büddenstedt nach Neu-Büddenstedt gebracht werden. Sie wurde zuerst mit dem Glockenstuhl im Freien aufgestellt und geläutet auf dem Platz, auf dem auch die Schulbaracken standen. Es gab im ganzen Ort sehr große Freude, als man hier wieder das Läuten einer Glocke hören konnte.<<
Die Bilder sind von Herrn Wesemann, Reinsdorf
Silke Cohn Globisch hat diesen Beitrag abgeschrieben aus dem Gemeindebrief von 2007 von Anke v. Kowalski, nach den Aufzeichnungen von Karl Bruno Haferburg, Pfarrer in Büddenstedt von 1946 - 1974, aus seiner Broschüre zum 25jährigen Kirchweihfest der Martin-Luther-Kirche im Jahr 1980 und aus dem Bericht von Wilhelm Kuhlmann, zur Verfügung gestellt vom Heimatmuseum Reinsdorf.