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08.11.2014 Kategorie: Gemeindeleben

Bürgelkanzlel am Reformationstag

Predigttext von Dirk Zogbaum

Liebe Gemeinde,

liebe Feuerwehrkameradinnen, liebe Feuerwehrkameraden

ich bedanke mich bei unserer Pfarrerin Frau Naumann-Seifert, dass ich der Erste sein darf, der als Bürger die Predigt hier von der Kanzel hält.

Der Ortsbrandmeister der Feuerwehr Büddenstedt auf der Bürgerkanzel am Reformationstag – das ist auch eine besondere Ehre für die Feuerwehr und zeigt mir, dass die Feuerwehr einen besonderen Stellenwert in unserer Gemeinde hat.

Es gibt Menschen, die schlecht nachvollziehen können, dass es Männer und Frauen gibt, die ständig mit einem Piepser herumlaufen und jederzeit bereit sind, alles stehen und liegen zu lassen, um zum Einsatz zu rennen. Und es kommt vor, dass Feuerwehrleuten für ihren Einsatz nicht gedankt wird, sondern sie wegen angeblicher Verfehlungen gar noch beschimpft oder angezeigt werden   - Und dennoch machen die Kameraden weiter...

Warum machen wir das? Warum leben wir ständig auf Abruf und warum helfen wir fremden Menschen, ob sie es uns danken oder nicht? – Wir tun es, weil wir es für richtig halten, weil helfen ein gutes Gefühl ist.

Das Motto der Feuerwehr lautet: Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr

Wie kommt die Feuerwehr dazu, einfach Gott mit in ihr Motto aufzunehmen? Es hätte doch gereicht, "Dem Nächsten zur Wehr". Die Feuerwehr möchte doch helfen, da reicht das doch.  

Ist es nicht anmaßend, Gott mit in sein Motto aufzunehmen?

Wenn ich meine Kameraden fragen würde, warum machst du eigentlich bei der Feuerwehr mit? würde ich verschiedene Antworten bekommen. Vielleicht stand bei einigen zunächst ganz anderes im Vordergrund.

Die kindliche Begeisterung für die Feuerwehr, die sich später weiterentwickelt hat. Die Sehnsucht nach Kameradschaft trat vielleicht nach vorne oder aber der Reiz des Risikos, die Begegnung mit der Gefahr.

Daneben dann aber auch der entschiedene Wille, einem in Not geratenen Menschen zu helfen und beizustehen.

Die Gründe, zur Feuerwehr zu gehen, sind bestimmt ganz vielfältig und breit gestreut und doch mag manches von dem, was ich erwähnt habe, dabei auch vorkommen.

Aber würde jemand sagen "Gott zur Ehr"? Wenn ich ehrlich bin, als spontane Antwort würde ich dies nicht erwarten. Vielleicht sieht der eine oder andere das nach dem heutigen Tag auch etwas anders.

Bei Matthäus im Kapitel 22 steht die Frage an Jesus nach dem höchsten Gebot:

Da aber die Pharisäer hörten, wie er den Sadduzäern das Maul gestopft hatte, versammelten sie sich. Und einer unter ihnen, ein Schriftgelehrter, versuchte ihn und sprach: Meister, welches ist das vornehmste Gebot im Gesetz? Jesus aber sprach zu ihm: "Du sollst lieben Gott, deinen HERRN, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte." Dies ist das vornehmste und größte Gebot. Das andere aber ist ihm

gleich: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten."

Bekannt ist auch die Geschichte vom barmherzigen Samariter, die Jesus als Antwort auf die Frage nach dem höchsten Gebot anfügt:

Ein Mensch ging von Jerusalem nach Jericho hinab und fiel unter Räuber, die ihn auch auszogen und ihm Schläge versetzten und weggingen und ihn halb tot liegen ließen. Zufällig aber ging ein Priester jenen Weg hinab; und als er ihn sah, ging er an der entgegen gesetzten Seite vorüber. Ebenso aber kam auch ein Levit, der an den Ort gelangte, und er sah ihn und ging an der entgegengesetzten Seite vorüber. Aber ein Samariter, der auf der Reise war, kam zu ihm hin; und als er ihn sah, wurde er innerlich bewegt; und er trat hinzu und verband seine Wunden und goss Öl und Wein darauf; und er setzte ihn auf sein eigenes Tier und führte ihn in eine Herberge und trug Sorge für ihn. Und am folgenden Morgen zog er zwei Denare heraus und gab sie dem Wirt und sprach: Trage Sorge für ihn! Und was du noch dazu verwenden wirst, werde ich dir bezahlen, wenn ich zurückkomme.

Da liegt einer ausgeraubt und zusammengeschlagen im Straßengraben. Ein Priester und Levit kommen vorbei, aber sie gehen vorüber. Sie, die doch eigentlich um Gottes Nächstenliebe gebot wissen, sie gehen vorbei.

Ganz anders der Samariter. Er sieht die Not, und er macht sie zu seiner Not. Darum geht es Jesus, wenn er die Geschichte erzählt.

Die anderen Beiden hatten (und das wird leider nicht beachtet und bedacht) gute Gründe weiterzugehen. Sie würden kultisch unrein. Sie könnten nach ihrem Glauben nicht mehr in den Tempel, nicht mehr vor Gott treten. Sie glauben also richtig zu handeln, gottgemäß, aber ist es das, was Gott will?

Nein, Gott will das Leben. Er will es schützen. Das steht an erster Stelle. Danach kommt erst Anderes. Im Sinne Jesu könnte man etwa folgendes sagen:

Das Gute ist nur gut, wenn man es auch tut.

Diese beiden Geschichten sagen uns, das Gott und der Nächste zusammengehören, der Nachbar neben mir genauso wichtig ist wie ich und wir für ihn da sein müssen, speziell in einer Notlage, dann handeln wir auch in Gottes Sinne.

Ich stelle mir eine Situation vor, wie sie alltäglich bei den Feuerwehren stattfinden kann. Da alarmieren die Funkmelder und die Sirenen rufen in den Einsatz. Da verabschieden Frauen ihre Männer, Männer ihre Frauen und selbst manches Kind nimmt mit einem flauen Gefühl im Bauch Abschied vom davon stürmenden Papa. Da schießt das Adrenalin ins Blut und lässt das Herz schneller schlagen.

Trotz regelmäßigem Übungsdienst und Trainieren geht es doch zunächst hektisch zu. Da werden Funksprüche abgehört und erste Einsatzbefehle nach kurzer Beratung ausgesprochen. Und los geht’s. Und sicher wird der ein oder andere zu sich sagen: Gott steh mir bei.

Banges Fragen und Unsicherheit lassen die erste Aufgeregtheit zurücktreten: Was wird uns erwarten? Wie sieht es da aus, wo wir hingerufen werden. Schnell stellt sich hoffentlich geübte Routine ein. Handgriffe sitzen, Abläufe sind eingeübt. Wir sind mitten drin im Einsatz. Wie schön und erleichternd ist das Gefühl, wenn man dann später völlig erschöpft, aber doch zufrieden Schläuche und Maschinen wieder einpacken kann und nach Hause zu seinen Familien gehen kann. Vielleicht sagt ein Kamerad: "Gott sei Dank, es ist gut ausgegangen".

Doch dieses Happy end stellt sich eben nicht immer ein. Es geht nicht immer glatt auf. Wirklich dramatisch und manchmal leider traumatisch wird es, wenn wir als Helfer eigene Ohnmacht, Versagen, Zuspätkommen erleben müssen. Wenn man als Helfer hilflos ist.

Was ist, wenn mir beim Anblick eines im Auto eingeklemmten Kindes das Gesicht meines eigenen Kindes ins Bewusstsein schießt und mich bis in die Träume der Nacht verfolgt?  Das tut unendlich weh und man ist dankbar wenn man weiß, Gott steht mir bei, Gott ist bei mir.

Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr

Das alte Feuerwehrmotto macht mir deutlich, dass es auf zwei Seiten, zwei Komponenten ankommt: Gott und die Menschen. Das Motto führt beides zusammen und beides gehört auch zusammen: Gottes Schutz und Segen und menschliches Handeln.

Dazu fand ich folgende Geschichte:

„Ein gläubiger Mann hat sich während einer Überschwemmung auf das Dach seines Hauses gerettet. Ein Feuerwehrmann kommt vorbei: „Steigen Sie ein, wir retten Sie!“Der Mann antwortet: „Nein, Gott wird mich retten!“Dann steht ihm das Wasser bis zu den Beinen.

Ein zweites Feuerwehrboot kommt vorbei und will ihn retten: „Nein, Gott wird mich retten!“Und noch ein drittes Boot kommt vorbei, als ihm das Wasser bis zum Halse steht. Aber der gläubige Mensch posaunt wieder hinaus: „Ich glaube fest an Gott, er wird mich hier herausholen!“Dann schlagen die Wellen über ihm zusammen.

Im Himmel angekommen, faucht er Petrus an: „Warum hat mich Gott nicht persönlich gerettet?“Petrus antwortet gelassen: „Du Dummkopf, wir haben dir

dreimal die Feuerwehr vorbei geschickt und du wolltest nicht ins Boot steigen!“

Zur Feuerwehr gehört nicht nur die Einsatzabteilung, für unsere Senioren gibt es die Altersabteilung. Sie treffen sich regelmäßig im Gerätehaus und erzählen gern über die alten Zeiten, wo ja soundso alles besser war. Ich kenne viele Geschichten in unterschiedlichen Varianten, worüber ich manchmal ein bißchen schmunzeln muß. Aber unsere Alt-Vorderen erfüllen eine sehr wichtige Aufgabe bei und für uns: sie erinnern uns an oft an alte Werte und Normen, die vielleicht in der heutigen Zeit nicht mehr als so wichtig angesehen werden.

Daneben erinnern sie uns an die Teilnahme an dörflichen Veranstaltungen, weil das immer schon so war und im Dorf dazugehört oder auch an Tagen wie den Volkstrauertag.

Der Volkstrauertag wird seit Bestehen von der Feuerwehr begleitet und da sind es die "Alten", die uns daran erinnern: Nicht zu Vergessen. Die Feuerwehr stellt an den Mahnmalen die Ehrenwache und achten Sie mal darauf: Sie  werden bei der Feuerwehr die 18jährigen neben dem 80jährigen stehen sehen und das ist mit ein Verdienst unserer Altersabteilung.

Eine der größten Abteilungen, Gott sei Dank, ist unsere Kinder- und Jugendfeuerwehr.

In der Kinderfeuerwehr werden die Kinder spielerisch an das Thema Feuerwehr herangeführt und sie freuen sich darauf, endlich zu den Großen zu kommen -

zu unserer Jugendfeuerwehr, sie ist eine der wichtigsten Abteilungen.

10jährige Kinder und 18jährige Heranwachsende nehmen dort gemeinsam am Dienst teil. Die Älteren helfen den Kleinen, damit sie z.B. ihre Jugendflamme bestehen und auch im Zeltlager gibt es eine große verschworene Gemeinschaft aller Altersstrukturen.

Dieses blinde Vertrauen zueinander ist die wichtigste Vorraussetzung für die spätere Arbeit im Einsatz.

In verqualmten dazu noch ortsfremden Räumen, wo man die Hand vor Augen nicht sieht, müssen wir Kameraden uns aufeinander verlassen können und der Eine für den Anderen da sein. Nur so kann man schwierige und evtl auch gefährliche Aufgaben meistern.

Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr

Weil in dem Feuerwehrmotto nicht nur von meinem Nächsten, sondern auch von Gott die Rede ist, wird das, was wir tun, in einen größeren Zusammenhang gestellt. Wir sind sozusagen über unser menschliches Vermögen hinaus mit Gott verbunden.

Für den Dienst der Feuerwehr bedeutet das: wir können unsere Technik, unsere Einsatzpläne, unsere Handeln verbessern und perfektionieren –und wir sollen das auch - ,

aber dennoch haben wir letztlich nicht alles in der Hand, steht nicht alles in unserer Macht, kommen wir an Grenzen.

Manches gelingt nur bruchstückhaft oder unvollkommen, trotz aller Anstrengung.

Das bedeutet nun nicht, Gott springt dort ein, wo die Menschen nicht weiter wissen, versagen oder für den Moment keine Lösung haben. Er trägt nicht die Wassereimer von hier nach da. Das müssen wir selber tun.

Gott hilft uns aber dabei, unsere Wassereimer von hier nach dort zu tragen. Er spendet uns neue Energie, wo unsere Kräfte nachlassen.

Er steht uns bei; er handelt durch uns und ist bei uns, wenn wir ihn brauchen.

Kein Frage: Das Motto der Feuerwehr muss heißen: Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr

Amen

Foto; Zogbaum

Beitrag von Dirk Zogbaum